Gemeinsame Erklärung der saarländischen Heilberufe

EuGH-Urteil zur Zulässigkeit von Rabatten bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel durch im Ausland ansässige Versandapotheken greift in nationales Gesundheitssystem ein

Saarbrücken 06.02.2017 – Kammern und Verbände der Heilberufe im Saarland kritisieren das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Zulässigkeit von Rabatten bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel durch im Ausland ansässige Versandapotheken. Der EuGH setzt sich damit über das Recht der Mitgliedsstaaten hinweg, eigenständige Regelungen zur Organisation des Gesundheitswesens treffen zu können. Dem deutschen Gesetzgeber wird dadurch die Gestaltungsmacht über einen Kernbereich des nationalen Gesundheitssystems entzogen. In der Folge steht zu befürchten, dass in Deutschland die Arzneimittelpreisbindung und damit erstmals die Honorarordnung eines freien Heilberufes zu Fall gebracht wird. Die Arzneimittelpreisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel ist aber Teil einer freiberuflichen Honorarordnung. Sie schützt, wie alle freiberuflichen Honorarordnungen, die Bürger vor einer Übervorteilung, dient der Qualitätssicherung und ermöglicht im Sinne eines aktiven Verbraucherschutzes, die Interessen von Patienten und Kostenträgern einerseits sowie heilberuflichen Leistungserbringern andererseits ausgewogen auszugleichen.

Die Arzneimittelpreisbindung schützt vor einer lückenhaften Versorgung durch Rosinenpickerei. Eine nun mögliche Selektion „lohnender Leistungen“ unterhöhlt das Sachleistungs- und Solidarprinzip in der gesetzlichen Krankenversicherung. Denn: Mit der Arzneimittelpreisbindung werden Gemeinwohlverpflichtungen wie die Herstellung von individuellen Rezepturen, das Leisten von Nacht- und Notdienst sowie die ausreichende Vorratshaltung und schnelle Lieferfähigkeit von Arzneimitteln gesetzlich gewollt quersubventioniert und damit erst möglich. Vorgenannte Leistungen können nur und ausschließlich von Leistungserbringern vor Ort erbracht werden. Aber auch nur dann, wenn es eine für alle Beteiligten geltende Arzneimittelpreisbindung mit auskömmlichen Honorar gibt.

Dazu Monika Bachmann, Ministerin für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie: „Wir müssen unsere Apotheken stärken, denn diese versorgen die Bevölkerung auch an Wochenenden mit Medikamenten. Der Apotheker ist – neben dem Hausarzt – ein wichtiger Gesundheitslotse, den wir im ländlichen Raum dringend benötigen. Es ist daher nicht einzusehen, wenn wir durch den Handel von ausländischen Versandapotheken dieses hohe Gut gefährden. Daher ist ein entsprechendes Verbot, wie es die meisten EU-Länder haben, angemessen und nötig.“

Die saarländischen Heilberufe arbeiten eigenständig, professionell und fachlich unabhängig. Sie sind dem Gemeinwohl verpflichtet. Dafür bedarf es eines staatlich geregelten Rahmens. Auch vor diesem Hintergrund wenden sich die saarländischen Heilberufe gegen Entscheidungen, die freiberufliches Handeln und auf den Schutz der Bevölkerung gerichtete Regularien in Deutschland angreifen. Der deutsche Gesetzgeber wird von daher aufgefordert, alles dafür zu tun, damit die frei- und heilberufliche, für jeden gleichberechtigt verfügbare Gesundheitsversorgung der Menschen in unserem Land auch weiter flächendeckend als unverzichtbare Gemeinwohlaufgabe sichergestellt werden kann.

Eine hohe berufliche Qualifikation, persönliche und eigenverantwortliche Arbeit sowie Gemeinwohlorientierung sind Kennzeichen der freiberuflichen Tätigkeit gerade auch von Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten und Apothekern.

Apothekerkammer des Saarlandes
(Manfred Saar)

Ärztekammer des Saarlandes
(San.-Rat Dr. med. Josef Mischo)

Ärztekammer des Saarlandes
Abteilung Zahnärzte
(San.-Rat Dr. med. dent. Hans Joachim Lellig)

Kassenärztliche Vereinigung Saarland
(Dr. med. Joachim Meiser)

Kassenzahnärztliche Vereinigung Saarland
(San.-Rat Dr. med. dent. Ulrich Hell)

Psyschotherapeutenkammer des Saarlandes
(Dipl.-Psych. Bernhard Morsch)

Saarländischer Apothekerverein e.V.
(Claudia Berger)